Medithena

Mobile Erfassung, Diagnose und interaktive Therapie von Nackenschmerzen im Alltag

Forschungsprojekt - Medithena

Mobile Erfassung, Diagnose und interaktive Therapie von Nackenschmerzen im Alltag

Ca. 70 % der Deutschen leiden unter Rücken-, Nacken- oder Schulterschmerzen. Doch zurzeit gibt es keinen wissenschaftlichen Ansatz zur mobilen Langzeiterfassung von rotatorischen und translatorischen Bewegungen der Halswirbelsäule. Dadurch ist momentan keine wissenschaftliche Ursachenanalyse möglich. Im Verbundprojekt MEDITHENA wurde ein funktionsfähiger Demonstrator zur mobilen Langzeiterfassung von Halswirbelsäulen-Bewegungen und -Haltungen entwickelt. Der Demonstrator besteht aus zwei wesentlichen Komponenten, einem Kopf- und einem Torsomodul. Diese erfassen die Relativbewegungen zwischen Kopf und Oberkörper eines Patienten und leiten die Messdaten zur Auswertung an eine App zur Interaktion mit dem Patienten, und ein medizinisches Assistenzsystem in Form einer PC-Software zur diagnostischen Messwertauswertung für den Arzt oder Therapeuten weiter.

Das Torsomodul wird direkt am Körper getragen und erfasst die Bewegungs- und Haltungsdaten des Nackens in Echtzeit. Die erfassten Bewegungsdaten des Messsystems werden mittels Bluetooth Low Energy (BTLE) an eine mobile App auf einem Smartphone oder einem Tablet weitergeleitet und mit Hilfe eines 3D-Modells in einer 3D-Echtzeitvisualisierung angezeigt. Dies ermöglicht die Interaktion mit dem Patienten und kann eine interaktive Therapiebegleitung für Patienten mit Nackenschmerzen unterstützen. Eine Übersicht der Systemkomponenten zeigt die nachfolgende Abbildung.

Der Patient ist auch in der Lage, über einen Taster ein Schmerzempfinden bei einer bestimmten Haltung zu protokollieren. Eine Biofeedback-Funktion mittels Summer/Vibrationsalarm weist den Patienten aktiv auf Fehlhaltungen bzw. eine mangelnde Bewegung des Nackens hin.

Als Grundlage für eine medizinische Auswertefunktion mittels PC-Software können sämtliche Bewegungs-, Haltungs-, und Therapiedaten aus der mobilen Langzeitmessung an einen PC übertragen werden. Sie dienen dem behandelnden Mediziner als Diagnose-Assistenz und liefern wichtige, aus dem Alltag bzw. Beruf des Patienten stammende Informationen.

Projektlaufzeit: 2016 - 2019

Projektpartner

Medithena Demonstrator

Prototyp für die interaktive Therapie

Parallel zur Entwicklung des ersten Demonstrators wurde an der Fachhochschule Dortmund im Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften das Lehrforschungsprojekt „Technik sozial gestalten“ durchgeführt. Unter der Leitung von Frau Professorin Anja Hartmann evaluierten Studierende des Studiengangs Soziale Arbeit im Sommersemester 2018 die Sozial- und Alltagsverträglichkeit des geplanten Systems. Die hieraus abgeleiteten Anforderungen flossen in die Entwicklung des zweiten Demonstrators ein. Hierzu gehörte u.a. die Notwendigkeit eines Vibrationsmotors im Torsomoduls zur Realisierung der Biofeedbackfunktion in (Arbeits-)Bedingungen, in denen die Nutzung eines Smartphones nicht möglich bzgl. nicht erlaubt ist. In einem weiteren, gleichnamigen Lehrforschungsprojekt im Wintersemester 2019/20 untersuchte Frau Prof. Hartmann mit ihren Studierenden die Anwendbarkeit und den Tragekomfort des zweiten Demonstrators, u.a. im Austausch mit Physiotherapeuten und Nackenschmerzpatienten. Auch dieses Feedback wurde – sofern möglich - bei der Überarbeitung der Requirements an das Gesamtsystem berücksichtigt und in den weiteren Entwicklungsständen des Demonstrators umgesetzt.

Der Demonstrator wurde mit bestehenden Systemen, insbesondere kamerabasierten Messverfahren, gegenübergestellt, um somit Aussagen bezüglich der Genauigkeit, Validität und Anwendbarkeit zu treffen. Eine Untersuchung der FH-Dortmund konnte die hohe Genauigkeit und Reliabilität bezüglich des neuentwickelten Messverfahrens zur mobilen Erfassung von 3D-Positionen bzw. von translatorischen Bewegungen nachweisen. Eine Untersuchung des Gesamtsystems durch das Julius-Wolff-Institut weist hingegen Defizite bei der Bestimmung rotatorischer Bewegungen auf Basis des verwendeten MARG-Sensors auf: so driften die Rotationsdaten bezüglich einer Rotationsachse mit der Zeit. Da die Daten des Sensors auch einen Einfluss auf die Berechnung translatorischer Daten haben, sind die Ergebnisse der Verifikation durch das JWI insgesamt durchwachsen.

 

 

 

 

Medithena Forschungsprojekt

Idee | Organisation | Entwicklung

Der im Verbundprojekt MEDITHENA entwickelte Demonstrator eines tragbaren Medizin Gerätes, eines sogenannten Wearables, eröffnet vollkommen neue Möglichkeiten in der Diagnose und Therapie von Haltungsschäden. Die Miniaturisierung der Sensorik und Elektronik sowie die Interaktion mit einem Smartphone per App, ermöglichen die Nutzung im Alltag des Anwenders zur Aufzeichnung von Langzeitdaten. Damit bekommt der Therapeut nicht nur eine Momentaufnahme.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Gesamtsystemkonzept erfolgreich in Form eines funktionierenden Demonstrators umgesetzt werden konnte. Hinsichtlich der Anwendbarkeit ergibt sich der große Vorteil der mobilen Anwendung und der Langzeiterfassung durch die kabellose Energieversorgung. Der Patient ist in seiner Mobilität nicht eingeschränkt und der Mediziner erhält nicht nur eine Momentaufnahme unter Laborbedingungen. In zukünftigen Arbeiten sollte ein alternativer Sensor zur Erfassung rotatorischer Daten evaluiert werden, um die erwähnten Driftprobleme bei der Bewegungserfassung zu vermeiden.


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